Gesichter einer Szene No. 59

 

Heute soll es also klappen. Das wäre dann der dritte Anlauf, den ich mit -T-, dem Drummer von Arroganz, nehme, ihn für „Gesichter einer Szene” zu fotografieren.Dabei hatten wir immer hehre Absichten, egal ob auf den “Frostfeuernächten”, oder auf dem “Gahlen Moscht” – immer kam aber auch etwas dazwischen. Mal verpassten wir uns, manchmal war man einfach zu sehr mit Biertrinken beschäftigt.Ich komme gegen acht Uhr abends am Erscheinungstag des neuen Arroganz Albums im Muggefug an, hier wird die Band “Primitiv” das erste Mal live präsentieren, vorher will ich mit -T- das Versäumte nachholen.Im Club ist es noch erstaunlich übersichtlich, ich begrüße Bekannte und Beifahrer Evil holt uns ein Bier…ach da sind ja -T- und die anderen Arroganzen. Wir gehen es entspannt an, verabreden, in einer halben Stunde los zu ziehen.

Weit müssen wir dann nicht laufen, es ist bereist dunkel und wo wir letztlich fotografieren spielt keine so große Rolle, vielleicht, dass man halbwegs ungestört ist. Deshalb fällt unsere Wahl auf die Bauruine der alten Schwimmhalle des damaligen Bildungszentrums Cottbus. Rein kommen wir freilich nicht, die Stufen des Haupteingangs sollen uns reichen. Krass, hier habe ich während meiner Berufsausbildung auch schwimmend ein paar Runden gezogen, wenn auch ohne große Begeisterung

Während ich Licht zum Fotografieren aufstelle, stelle ich schon meine ersten Fragen, und es entspinnt sich ein anregendes kleines Interview, in dem es nicht nur um -T- Werdegang als Musiker und Musikliebhaber geht.

Wer wie -T- über die Jahre in der Konzert- und Musikszene unterwegs ist, wird zwangsläufig auch mit weniger schönen Seiten des Business konfrontiert. Was und wem ihm sauer aufstößt, spielt hier keine Rolle, aber aus seinen Erlebnissen und Schlussfolgerungen klingt teils herbe Enttäuschung über manche Musiker oder Konzertveranstalter.

Nicht falsch verstehen, es ist durchaus legitim in unserer Szene sein Auskommen zu finden. Jedoch gibt es – wie überall, wo Menschen wirken – solche, die sich dabei dennoch von ganzem Herzen engagieren, und jene die sinnbildlich über Leichen gehen um ihre Interessen durchzusetzen und möglichst viel Profit herauszuholen.

Trübsal haben wir in den anderthalb Stunden natürlich trotzdem nicht geschoben, dafür sorgten ein ums andere Mal -T-’s reichhaltiger Fundus an lustigen Anekdoten, wobei er es nie an Tiefsinnigkeit mangeln lies. Ein äußerst angenehmes Gespräch.

Zurück im Club sind Exhate bereits zu Gange. Ich mühe mich zwar, in den letzten beiden Songs ein paar Fotos zu machen, bemerke aber schon, dass es absolut sinnlos ist. Sehr spärliches, blaues LED Licht und alles mit Nebel durchzogen. Mit keiner noch so hochpreisigen Kamera bekommt man hier auch nur ein gutes Foto hin, leider.  Ein “durchgerockt” Foto machen wir später Backstage natürlich dennoch.

Als Deathronation ihren Set beginnen, hängen meine Blitze rechts und links der Bühne und ich habe die Band gebeten – auch in ihrem Sinne – mit dem Nebel sinnvoll umzugehen, was auch geklappt hat.  Deathronation passen vom Sound her sehr gut in das Vorprogramm von Arroganz, was vermutlich auch die Gäste so empfinden, die sich ordentlich zu Schütteln beginnen.

Arroganz verzichten (diesmal?) auf ihre Bühnenaufbauten aus Schädeln, Kerzen und okkult  wirkenden Devotionalien, stattdessen gibt es  – passend zum Grundton des Covers – rotes Licht. Auch die Musiker sehen irgendwie anders aus, das liegt vermutlich an den schwarzen Shirts ohne Aufdruck – Zeichen eines neuen Abschnitts in der Bandgeschichte?

Das Set beginnt mit den Songs der kompletten neuen Scheibe “Primitiv”.  Es ist nicht zu voll im Muggefug, ich finde es so ganz angenehm, es arbeitet sich entspannter, ich habe es bei Arroganz auch schon erlebt, dass die Crowd bei einer Record Release Show total am Rad gedreht hat, wobei man auch schon mal zu Boden gerissen wird 😉

Bei den meist noch unbekannten Songs bleibt es allerdings nicht, was wäre eine anständige Party ohne Klassiker? Die bekommen wir jetzt und es wird deutlich heftiger im Pit. Die Band kommuniziert dabei rege mit den Fans und lässt sich am Ende nach eineinhalb Stunden verdient feiern.

Mir bleibt noch das abschießende Bandfoto, hernach ich meine Sachen packe, und geschafft aber glücklich mit der neuen Arroganz im Gepäck die Heimreise antrete.

Steckbrief:

-T- (30) Einrichtungsberater

Fan, Musiker, Stagemanager, Tourbegleiter…

Von musikalischer Früherziehung im eigentlichen Sinne kann beim jungen -T- nicht eben gesprochen werden, nimmt man als Maßstab, dass die Kids mehr oder weniger gegen ihren eigentlichen Willen an das Musizieren herangeführt werden, weil das was Gutes ist (was es vielleicht sogar ist).

Gerade mal sechs Jahre jung, trommelt -T- gern und oft auf dem Schlagzeug des Nachbarjungen, dessen Eltern durchaus Potential beim kleinen Trommler sehen und den befreundeten Eltern einen Tipp in Richtung Musikschule geben.

Selbige besucht -T- in den folgenden Jahren in Torgau – auch wenn er sich Anfangs widerwillig damit konfrontiert sieht, statt Schlagzeug eine „Melodica“ zu blasen, was nach einem Jahr in das Prüfungsstück „Bäcker Blues“ mündete, welches er mit Bravour bestand.

Jetzt durfte er Schlagzeug spielen, und unter einem engagiertem, rührigem Lehrer lernen. Nicht nur Schlagzeug, auch Blasinstrumente blieben bei -T- im Gebrauch, immerhin so erfolgreich, dass er beim Talentewettbewerb „Jugend Musiziert“ den ersten Preis auf Landesebene einsackte. Nebenbei konnte -T- bei allen möglichen Gelegenheiten mit anderen Schülern im kleinen Bläser-Oktett die ersten „Gigs“ abreißen: Geburtstagsfeiern, Autohauseröffnungen, Ärzte-Kongresse, was so anfiel.

Neben all diesen Bestrebungen Musik selbst zu spielen, liebte -T- natürlich auch das Hören von Musik. In prägender Erinnerung blieb ihm zum Beispiel „Sacrificial Suicide“ von Diecide, welches ihm sein Bruder im Alter von drei Jahren in die Gehörgänge drückte, oder der gut bestückte Plattenschrank des Vaters. Und schon als Kid wurde -T- irgendwie klar, dass es da eine Art Musik gibt, die eher unangepasst war, auch wenn er das noch nicht genau in Worte hätte fassen können.

Als Teenager, -T- durfte dann auch auf Konzerte, bot Torgau mit dem Brückenkopf e.V Veranstaltungen, Proberäume und eben Konzerte. Punk wurde dort ebenso gespielt wie Rock und Metal. In jener Zeit wurde -T- als zwölfjähriger Schlagzeuger in einer Girlband, die sich an Nirvana orientierte, quasi seine erste Band.

Das Studium führt -T- nach Cottbus. Eine Vorlesung, von der nur zwei Leute nicht wussten, dass sie nicht stattfindet, führt zwei Menschen vor einer verschlossenen Tür zusammen, die besser nicht zusammen passen konnten. Nennt man so etwas Schicksal? Keine Ahnung. Die Beiden glotzen sich erst blöd an, setzten sich gemeinsam ins Auto, um zu Rauchten und Mucke zu hören.

Wenige Wochen später findet sich -T- in einem Berliner Studio ein um einen ersten Song für Arroganz einzuspielen…

Ist Schlagzeuger bei Arroganz und Grober Knüppel

Bandprojekte: Goat Squad

spielte bei: Down Of Fate, Dollmasters Cabaret, Phidias, Zwo 55

 

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