Gesichter einer Szene No. 51

Den ersten Kontakt mit Steven hatte ich über Facebook, er kommentierte da und dort gern mal Fotos von mir, häufig auch jene, die zu dieser Serie hier gehören. Irgendwann bedankte ich mich mal direkt für das Feedback und fragte, ob er nicht auch vor meiner Kamera stehen würde wollen.
Steven war nicht abgeneigt und wie so oft waren da Fragen, wie, bei welcher Gelegenheit, und wo wir ein Treffen arrangieren könnten. Wie sich herausstellte, würden wir beide Gäste auf den Frostfeuernächten sein, was uns dazu anhielt, uns dort zu treffen, um eine Runde zu quatschen, ein Bier zu trinken und dann zu gucken, was wird.
Freitag Abend liefen wir uns dann auch bald über den Weg und standen ruck zuck zu viert im Eingangsbereich der Mensa. Zu viert? Jepp, wie ich, machte auch Steven seinen Besuch auf dem entzückenden Festival mit seiner Frau. Und wir vier verstanden uns auf Anhieb, als würden wir uns schon ewig kennen. Es entsponnen sich sehr, sehr anregende und angenehme Gespräche und so war es recht schnell klar, dass wir uns Sonnabend wie hier treffen, denn zu erzählen gab es reichlich, schließlich kennen wir uns ja noch nicht ewig 😉
Die Zeit zum Fotografieren setzten wir auf Nachmittags so ab 16 Uhr und während die beiden Mädels sich daran machten, sich den einen oder anderen Glühwein zu genehmigen, zog ich mit Steven um ein paar Ecken auf dem Gelände, wo wir einerseits etwas ungestört waren, andererseits aber auch nicht im Wald standen.
Eine größere Halle mit wahrscheinlich Wellasbestplatten bot sich hier gut an, schmeißen doch solcherlei Fassaden schräg beleuchtet ganz nette Schatten, was ich deutlich lieber habe, als so eine glatte Wand. Der Fußweg von unserer Unterkunft bis zur Halle war erträglich kurz, kalt war es und somit Handschuhe für mich unerlässlich.
Unser Fotoplatz an der langen Seite der Halle lag so halb im Gras, mit ein paar kleinen Kiefern und anderem Geäst, teilweise etwas abschüssig. Unser Plan ist, erst die Fotos zu machen und dann ein Gespräch über Stevens Werdegang als Metalhead zu führen, wobei auch ich wieder die Hände in die wärmenden Hosentaschen stecken könnte 😉 Ich tänzle also um mein Licht zu richten immer mal wieder um das Stativ herum, dabei mich die erwähnte Abschüssigkeit des Geländes, oder das Stolpern über eine Grasnarbe gern aus dem Gleichgewicht bringt. Nun, es ist halb fünf und wir sind auf einem Festival, fast unnötig zu erwähnen, dass ich bereits einige Pilsener verdrückt habe, die sich bei der Fotosession als etwas kontraproduktiv erweisen 😉
Die Fotos gelingen dennoch, ich starte meine Diktier-App auf dem Telefon und Steven erzählt seine Geschichte, da wir fast das selbe Alter haben, kann ich einige der Anekdoten aus den frühen Tagen lebhaft nachempfinden.
Mittlerweile fröstelt es uns schon gehörig, das Festival macht seinem Namen alle Ehre. Vom Wege her erkennen unsere Mädels unser allzu offensichtliches Versteck und kommen zu uns gelaufen. Wir sind soweit auch fertig und man könnte sich jetzt bei einem Heißgetränk oder vielleicht doch einem Bier irgendwo aufwärmen gehen, so nimmt der Sonnabend auf den Frostfeuernächten seinen vorbestimmten Lauf…

Steckbrief:

Steven (50) Selbstständiger

Fan und leidenschaftlicher Underground Supporter

Als mittlerer zwischen zwei Brüdern – die entweder alles besser können, oder es besser haben 😉 – suchte Steven schon zeitig nach Möglichkeiten, Signale nach außen zu senden, die klar machen sollten, dass ähh… ”mit mir ist auch noch zu rechnen” 🙂
So fuhr er gerne mit Kumpels am Wochenende zum Blues in der Umgebung, um festzustellen, dass immer dann wenn die Gitarren lauter, oder die Drums härter wurden, seine Antennen ausfuhren. Die ersten Annäherungen an harte Musik bescherten ihm Bands wie Thin Lizzy oder Deep Purple, doch der Mensch wird geformt durch seinen Umgang.
Der Umgang kam in Form eines Lehrlings auf Stevens Arbeit um die Ecke. Der hatte die damals recht aktuelle „Live after Death“ von Maiden!
Steven wurde damit schleichend zum Metaller, ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Familie war somit gesichert! Mit gleichgesinnten Kumpels wurden nun Tapes getradet, er fuhr zu Konzerten oder Motorradrennen, ein Motörhead Aufkleber auf der Heckklappe des „Trabant“ zeugte von einer gefundenen Lebenseinstellung, eine, die bleiben sollte.
Das Leben allerdings forderte von Steven ab den 1990er Jahren eine Aufmerksamkeit, die die Musik in den Hintergrund treten lassen musste, vergessen wurde sie nicht, bestimmte Musik lässt einen nun mal nicht los.
Und so war es nur eine Frage der Zeit und der passenderen Umstände, bis sich Steven wieder mit viel Hingabe seiner Musik widmen konnte. Heute bereist er mit seiner Frau am liebsten Underground- Konzerte und Festivals, denn er liebt es, sich mittendrin zu sehen, den geilen, nicht so bekannten Bands Feedback zu geben. Sachen, die unsere Szene so lebendig halten.

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