Gesichter einer Szene No.10
einmal Spandau-Neukölln bitte!
Sonntagvormittag in Berlin Spandau, Typen in schwarzen Klamotten und Lederjacke lungern auf dem Bürgersteig rum. Tja, wir warten auf unseren Bassisten, dabei möchten wir ob der Verspätung nicht ungehalten sein, sind wir doch froh den beschwerlichen Weg zum SCRAM HQ nach Neukölln nicht mit der U-Bahn zurücklegen zu müssen, also regen wir uns gegenseitig an, gelassen zu bleiben. Irgendwann kündet der rasante Fahrstil von Hans sein kommen an, ab geht’s, die Stimmung ist gut, schließlich war die gestrige Probe für unser Abschiedskonzert am 12.März ganz gut verlaufen, außerdem reden wir über Bärte, ein dankbares Thema 😉 Bevor wir nun im Proberaum nochmals das Set durch zocken wollen, steht allerdings noch das Shooting mit Gustl an – „meinem“ Schlagzeuger, welches wir aus Rücksicht auf sein Nachtschicht-geschwächtes Antlitz nicht gestern durchgezogen haben, kein Problem… obwohl! Anders als gestern mit Gene, sind wir heute nicht zu zweit beim Shooting, im Prinzip ist fast die ganze Band mit im Proberaum, an gutgemeinten Ratschlägen wird es also nicht fehlen 😉 Derweil macht sich mein heutiges Model erst einmal ein Bier auf, worauf ich allerdings aus kraftfahrzeugtechnischer Sicht verzichten muss 🙁 Der schon immer geringe Platz im Raum ist beim Herumhantieren mit Lichtstativen mang der ganzen Füße natürlich heute noch nervender, mit etwas Drücken uns Schieben gelingt es. Unserer Vorstellung nach wird Gustl im bequemen Chefsessel lümmeln, im Hintergrund soll dezent sein Schlagzeug in Erscheinung treten, hier gilt es etwas aufzupassen, da das Gerät naturgemäß viele Reflektionen verursachen kann, es dauert ein paar Minuten länger mit der Lichtsetzung bis es passt. Wir machen also Fotos, manch gut gemeinte Bemerkung erreicht mein Ohr, Gustl macht zwischendurch immer mal wieder Faxen, so kenne ich ihn, so liebe ich ihn. Kurz nachdem wir Beide mit den Vorschaubildern zufrieden sind, wird’s wieder laut in unserer bescheidenen Hütte und fast möchte man meinen, eine Auflösung unserer Band hätte nie stattgefunden. Später fahre ich zufrieden nach Hause…im Gedanken freilich an das kommende Konzert und an meine Freunde, mit denen mich soviel verbindet.
Steckbrief:
Gustl (44) Schichtkutte
Musikfan, Sammler, Konzertliebhaber
Die Schulzeit um die achte bis zehnte Klasse scheint generell ein guter Einstiegspunkt für dann langjährige und bedingungslose Liebe zur Musik zu sein, so auch bei Gustl, der wie er sagt „eigentlich“ durch Evil auf Heavy Metal aufmerksam gemacht wurde, wobei mir nicht ganz klar ist, wofür das „eigentlich“ hier stehen mag 😉 Damit war jedenfalls schon mal festgelegt, was auf der Klassenfahrt beim Zelten in der ČSR aus dem plärrenden Kassettenrekorder zu kommen hatte und wozu in kurzen Jeans und Kutte gebangt wurde (was eine mir zugespielte digitalisierte Analogaufnahme beweist 🙂 ) Dennoch, meint Gustl so richtig geknallt hat es dann 1988 als „…and Justice For All“ den Weg nach oben für all die Bands geebnet hat, die auf Grund ihrer Extremität und/oder Härte im Untergrund gefangen waren, so war’s. Das mag vielleicht auch ein Grund gewesen sein, weshalb – der aufmerksame Leser ahnt es schon – auch Gustl Mitbegründer der legendären Plooeetmaaeenärsz wurde, wobei sich gegen 1991 der Drang nach einer Art Crossover aus Metal und Hardcore bei Gustl und Gene darin äußerte, die Band SCRAM aus der Taufe zu heben und eigene Wege zu beschreiten…Heute funktioniert für ihn das Eine nicht ohne das Andere, also selbst zu Musizieren und Musikfan zu sein, so oder anders herum. Eine Ansicht die ich ob ihrer drohenden Konsequenz bemerkenswert finde.
spielt Schlagzeug aus Leidenschaft bei „hoffentlich bald mal wieder was“
spielte bei Plooeetmaaeenärsz und SCRAM
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