Gesichter einer Szene No. 54
Um Nadine für die Serie zu fotografieren, stand eine etwas längere Anfahrt auf der Agenda. Sie lebt mit ihrer Familie in Potsdam und gehörte mit Ehemann Dirk zu den Ersten, die ich zu Beginn der Reihe anschrieb, und um Teilnahme bat.
Es hat dann eben auch ein Jahr gedauert. Klar, die Landeshauptstadt ist jetzt nicht gleich um die Ecke für mich, und der ursprüngliche Plan die Beiden in ihrem Stammklub – dem Metalkeller – zu fotografieren, machte eine Terminfindung nicht einfacher. Letztlich verabredeten wir uns zum Ostersonnabend in den heimischen vier Wänden des Paares.
Während ich mich von der neuen Tormentor und der aktuellen Body Count beschallen lasse, rolle ich relaxt über die Bahn – meine Befürchtungen bezüglich des (Oster)Verkehrs waren dann auch unbegründet, zur verabredeten Zeit trudle ich ein. Nadine und Dirk empfangen mich herzlich, die älteste ihrer beiden Töchter ist „verkauft“, die Jüngere freut sich über meinen Bart. Dirk hantiert mit einer Grillzange, auf der Terrasse wirft der Grill bereits seine Hitze ans Fleisch ab, denn Dirk meinte vor ein paar Wochen schon: „…ahh, du bist also gegen Mittag da, heißt, wir schmeißen den Grill an!“ 🙂 So etwas Wärme würde auch uns gut tun, denn die Temperaturen an diesem bewölktem, unbeständigen Tag lassen zu wünschen übrig. Nadine bringt Bier, wir stoßen erst mal an und die Beiden erzählen mir, wie es sich so lebt und arbeitet, in der Stadt, die ehedem Sitz der preußischen Könige war.
Das Essen verlegen wir aus Gründen nach drinnen, bei der Gelegenheit gucke ich mich im Wohnzimmer schon mal um. Ich wusste (nun ja, von einem Foto, aus einem sozialen Netzwerk), dass es hier wohl eine Billardplatte geben müsste und dieses Ding mit der Abdeckung sieht danach aus. So eröffne ich nach dem Schmaus, ich hätte da so eine Bildidee mit dem Billardtisch, es käme nun darauf an, wer von Beiden dort fotografiert wird, weshalb meine Frage lautet: „Wer von euch spielt denn besser Billard?“ Während Nadine schon schmunzeln muss, sieht sich Dirk genötigt, zu antworten: „Also ich spiele länger als Nadine, allerdings gewinnt sie öfter“ 😉
Damit ist für mich klar, Nadines Foto wird hier entstehen. Ich schraube nun mein Licht zusammen, und Dirk bereitet den Spieltisch vor, wobei er auch nochmal mit dem Handsauger über das Filz geht, was ich natürlich im Foto festhalten muss. Wir überlegen, ob jetzt nicht Queens „I Want To Break Free“ laufen sollte 😉
Nadine zu fotografieren ist dann eine sehr angenehme Aufgabe, das Licht passt auch alsbald, nur die weiße Spielkugel bekommt noch ein extra Spot für einen langen Schatten. Unser kleines Interview werden wir später nachholen, denn jetzt gilt es mit Dirk den Wunschplatz für sein Foto aufzusuchen. Mehr dazu im nächsten Blogeintrag…
Steckbrief:
Nadine (31) Verkäuferin
Fan
Für kleine Kinder sind Plattenspieler schon über Generationen eine faszinierende Sache gewesen. Wohl jeder kann nachvollziehen, dass das Einstecken eines USB Stick in den PC, oder das Starten eines Streams am Smartgerät, ungefähr so aufregend ist, wie Wasser beim Kochen zu beobachten. Das Szenario, welches vom Enthüllen der Platte, über das Auflegen, und die Bewegung des Tonarmes zu beobachten sind, bis schließlich Musik ertönt, könnten auch bei der kleinen Nadine ihr Interesse an Musik begründet haben, als sie immer öfter dem Plattenhören ihres Vaters beiwohnte. Trotz eines breitgefächerten Musikgeschmacks des Altvorderen, blieben ihr die Scheiben von Queen oder Aerosmith in besonderer Erinnerung. Die schon etwas härte Gangart dieser Musik, fiel Jahre später abermals auf fruchtbaren Boden, als sie – nun schon in der Schule – die Songs von Linkin Park in sich aufsog, oder der Stimme von Ville Valo verfiel.
Im späten Teenageralter straffte sich dann der Musikgeschmack, es drangen über neue Kanäle Songs von Bands an ihre Ohren, die eben nicht im Radio liefen, entsprechend änderten sich die Härtegrade und Nadine knüpfte erste Kontakte zu Menschen aus der Metal Szene. Eine ihrer Lieblingsscheiben war zu dieser Zeit die „Midian“ von Cradle Of Filth, deren Konzert im Jahre 2003 stellt dann auch ihr erstes großes Metalkonzert dar.
Heute hört sich Nadine offen durch fast alle Stilrichtungen, gut ist, was ihr gefällt und wichtig für sie ist es, Teil unserer Szene zu sein.
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