Gesichter einer Szene No. 82
Es ist jenes Wochenende im Februar, an welchem für gewöhnlich die „Frostfeuernächte“ nahe Königs Wusterhausen stattfinden. Nur, was ist dieser Tage, inmitten einer Pandemie schon gewöhnlich, oder gar normal?
Tage zuvor hatte es geschneit, wie schon lange nicht mehr, und die Temperaturen lagen einige Tage deutlich unter Null, auch etwas, was ich in den letzten Jahren nicht als gewöhnlich bezeichnen würde. Dabei sich Klimawandel – und Coronaleugner immer näher kommen und sich in Verschwörungstheorien zu überbieten scheinen.
Ich nahm jedenfalls den Schnee, die Temperaturen und die Absage des beliebten Festivals zum Anlass, Felix – seines Zeichens Organisator der „Frostis“ – zu kontaktieren und zu fragen, wie es mit einem spontanen Treffen wäre, um etwas nachzuholen, was wir schon einige Jahre vor uns herschieben: Ein Foto für „Gesichter einer Szene“, nebst eines kleinen Interviews.
Da sich Felix’ Terminkalender derzeit etwas ausgedünnt darstellt, fand er die Idee knorke, und so fahre ich mit meiner J. am Samstag bei knackigen Temperaturen durch Brandenburgs schneebedeckte Felder und Wälder.Unser Fahrzeug übte sich bis zu dem Tag über zwei Monate im Stehen, so dass ich mich befleißigt fühlte, eine Woche zuvor mal prophylaktisch die Batterie ans Ladegerät zu hängen, falls man den Wagen mal braucht. Die ersten Kilometer musste sich das Gefährt vermutlich selbst im Innern auf Temperatur bringen, bis die Musikwiedergabe via CD und/oder Spotify wie gewohnt funktionierte.
Gegen Mittag erreichen wir die uns vertraute Umgebung und Felix heißt uns am geöffnetem Fenster Willkommen und bittet uns herein. Felix und seine Mutter decken den Tisch für Kaffee und Geburtstagskuchen (Felix’ kürzlicher Geburtstag war mir natürlich schon wieder entfallen) und ich versuche so fix wie möglich in der Sofaecke Platz zu nehmen um dem aufgeregtem Hund aus dem Wege zu gehen…welcher nun J. beschnuppert 😉
Beim Kaffeekränzchen reden wir natürlich über die angespannte Situation – gerade auch in der Veranstaltungsbranche – und gehen etwas später in mein kleines Interview über, bei welchem Felix auch seine nächsten Ziele bezüglich der Frostfeuernächte umreißt.
Für das Foto hat Felix eine Idee und dafür müssen wir ein paar Kilometer bis an das Naturschutzzentrum „Haus des Waldes“, um von dort zu Fuß an den gewünschten Ort zu kommen – vielleicht ja auch verwünscht?
Bis zum Frauensee sind es vielleicht nur 500m, allerdings liegt ja Schnee, entsprechend vorsichtig gilt es zu laufen. Wir wollen jedoch zu einer im Wald befindlichen alten Eiche, und mit zunehmender Strecke wird der Weg schwieriger, der Wald dichter. Felix ist anfangs noch guter Dinge, beginnt allerdings zu zweifeln, ob er die Stelle tatsächlich wiederfindet. Es sieht eben im Winter irgendwie alles anders aus und bevor wir uns heillos verrennen, beschließen wir ein Foto auf dem zugefrorenen See zu machen – Rückzug.
Ich mache dabei keinen Hehl daraus, dass ich den See favorisiert habe, obschon mich die auf dem Foto gezeigte Eiche wirklich beeindruckt hatte. Es sollte nicht sein und wir betreten den See seitlich durch das Schilf.
Ich stelle das Lichtstativ auf, richte mich so aus, dass wir quasi das „KiEZ Frauensee“ schwach im Hintergrund haben und benötige ob der Sonne dann doch zwei Blitze, um der Sache gerecht zu werden.
Die Fotos sind gemacht, ich bekomme langsam kalte Füße und wir begeben uns auf den Rückweg zum Auto, um wenige Minuten später die Heimfahrt anzutreten.
Tja, wir können konstatieren, mit Felix einige sehr schöne Stunden verbracht zu haben. Es gab Kaffee und Kuchen, Wissenswertes über den Naturpark Dahme-Heideseen, einen unverhofften Spaziergang im recht tief verschneitem Wald und einen entspannten Gastgeber, der uns mit seiner offenen Art und allerlei Anekdoten zum Lachen gebracht hat.
Danke dafür.
Steckbiref:
Felix (32) baut Ton- und TV-Studios
Fan, Veranstalter, Organisator
Über eine wohl recht überschaubare Liaison, die Felix mit den Prinzen verband als er so elf Jahre alt war, führte sein erster musikalischer Weg von lustig und seicht zu lustig und punkig. Das „Ab 18“ Album der Ärzte mauserte sich bei Felix – obschon noch einige Jahre zur Volljährigkeit missend – zu einer gern gehörten Scheibe. Spaß steht im Vordergrund und so fällt in diese Zeit auch die erste neu geschenkte Gitarre, auf welcher adäquat zu spielen doch sehr schwer fällt, für drei Akkorde reicht es aber.
Mit Rammsteins „Mutter“ verschiebt sich der Sound nach härter und düsterer und natürlich durften – wie vermutlich in allen Dörfern des Ostens – die obligatorischen Onkelz in den CD-Playern der Jugendlichen nicht fehlen
An neuen musikalischen Einflüssen mangelt es also nicht und als Felix vermehrt das Zocken von Rollenspielen beginnt, bringt auch dies neue, gern gehörte Bands wie Schandmaul, Subway To Sally oder In Extremo mit sich. Aber so richtig „geknallt“ hat es bis dahin noch nicht.
Ein Schulwechsel bringt neue Bekannte mit sich, welche sich zu diesem Zeitpunkt bereits dem Black Metal verschrieben hatten und sich nun anschicken, Felix auf neue musikalische Wege zu leiten. Parallel gerieten neben Sodom auch Blind Guardian ins Hörfeld von Felix, wobei sich Letztere einen sicheren Stand als eine Art Evergreen-Familienband erspielten.
Genau wegen Sodom und Blind Guardian begab sich Felix dann mit seinen neuen Freunden 2007 auf das „Wacken Open Air“ um neben dem Genuss der erwähnten Faves, die ihm bisher unbekannte Atmosphäre eines so riesigen Festivals kennenzulernen. Auf der Bühne agierten irgendwann drei Typen mit Panda-Corps Paint, die einen derart amtlichen Abriss zelebrieren, dass unserem jungen Freund nix blieb, als das ganze Konzert mit abgesenkter Kinnlade zu erleben. Ihm hatten sich gerade Immortal vorgestellt, mit dem Ergebnis der Feststellung: Das Ist Es!
Mit seinem neuen Kumpel Kai, den er auf eben jenem Wacken kennengelernt hatte und der, wie Felix, aus Königs Wusterhausen stammte, wird nun jede Möglichkeit wahrgenommen, Black Metal Underground Konzerte zu besuchen und mehr und mehr in diese Szene einzutauchen.
Im Freundeskreis werden nun auch private Partys mit Livemugge organisiert, aus welchen über die Jahre und mit vielen neu geknüpften Beziehungen 2015 die ersten Frostfeuernächte am Kiez Hölzerner See hervorgingen.
Heute gehören die Frostfeuernächte zu einer festen Institution in der Brandenburger Region, bei deren Organisation und Durchführung Felix auf tatkräftige Unterstützung rechnen kann. Weiterhin ist Felix in den Aufnahmeprozess von Band involviert, produziert Musikvideos oder druckt Merchandise. Fürs eigene Musizieren und Jammen gilt es ebenfalls ab und an einen Slot frei zuschieben. Sollte dann noch Zeit sein, gibt es ja noch den Plattenspieler oder Gaming 🙂
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Mega gut! Vielen Dank!