Gesichter einer Szene No. 89
Chrissy lernte ich am Rande des Arroganz-Jubiläumskonzerts Ende Mai letzten Jahres im Muggefug kennen. Ich hatte Backstage eine kleine Blitzanlage aufgebaut, um Bandmitglieder und/oder Hangerounds abzulichten, um ein paar Erinnerungen festzuhalten – quasi Freundschaftsbilder . Irgendwann kam auch Chrissy mit ihrem Freund dort vorbei und wie das so ist, quatscht man noch eine Runde, dabei zeigte sich Chrissy recht interessiert an dem, was ich so treibe, was letztlich in die Abmachung mündete, sich für „Gesichter einer Szene“ zu treffen.
Das ist dann doch schon wieder eine Weile her, aber letztlich fanden wir ein Jahr später auf dem ersten „Lusatian Grimfest“ zusammen.
Bis zum Termin 14 Uhr hatte ich noch etwas Zeit, die ich mit meiner J., sowie Anke & Steffen damit verbrachte, uns in der Innenstadt von Cottbus ein Bauernfrühstück zum Mittag zu organisieren. Auf dem überschaubaren Fußweg zurück, suchte ich nach einem Ort, der mir und vielleicht auch Chrissy gefiel – fündig wurde ich, keine 100 Meter vom Mufu entfernt. Eine große, geschwungene Eingangstreppe, zugehörig vermutlich dem “Studienseminar Cottbus” bot sich an, sich an ihr zu probieren.
Chrissy kam mit etwas Verspätung, da sie für das Kaffeekränzchen des Grimfest noch einen coolen Arroganz-Kuchen fertigstellen wollte – und, nun ja und der Zuckerguss nicht sofort gelang
Drei Schritte laufen, Stativ mit Blitz besetzen, Blitz mit Standardreflektor und Wabe (wichtig!) bemustern, fertig ist die Hardware. Trotz eines bewölkten Himmels muss ich doch weit unterbelichten für meinen Look, das heißt dann wiederum, der 400W Blitz muss mit 100 % zur Sache gehen, sicher auch, weil ich ob der ausladenden Treppe mit der Lichtquelle nicht so dicht herankomme. Schließlich passt das Licht, und die Fotos gingen uns dann leicht und locker von der Hand, recht schnell habe ich mit Chrissy zwei Favoriten ausgemacht.
Im sich anschließenden Interviewpart erfahre ich doch einige interessante Dinge aus Chrissys musikalischem Leben, die ich so nicht erwartet hätte und die gemeinsame Zeit hier sehr schön abrunden.
Drei Schritte zurück zum Club, Geraffel in den Wagen packen und hinein in den nun beginnenden zweiten Tag/Abend beim 1. Lusatian Grimfest – Kaffee und Kuchen, wissta ne?
Steckbrief:
Chrissy (31) Geodätin / Ingenieurin im Bereich Erneuerbare Energien
Fan
Chrissy sieht sich selbst in erster Linie als Metal-Fan, nun das ist vielleicht etwas tiefgestapelt, denn in ihrem Leben spielt Musik doch eine viel größere Rolle, als jene „nur“ Musikzuhören.
Im Elternhaus ist es zunächst nicht ungewöhnlich, mit harter Mucke konfrontiert zu werden, vor allem Chrissys Vater hört gern Slayer, oder etwas konventioneller – Manowar. Im zarten Alter von sechs Jahren beginnt Chrissy Keyboard zu lernen, was ihr offensichtlich so viel Spaß bereitet, dass sie mit 13 auch mit Klavierunterricht beginnt. Beim Lernen eines Instruments hört man ja schon zwangsläufig viel Musik und beschäftigt sich eingehend damit. So hat es ihr zum Beispiel Mozarts – „Die Zauberflöte“ angetan, hier im Besonderen die Arie des Vogelfängers – aber auch „My Immortal“ von EVANESCENCE welcher von ihr dann auch gern auf dem Klavier gespielt wird.
Schließlich lernt sie in der Schulzeit Menschen kennen, die ihre, sich bereits ausbildende Neigung zum Metal teilen. Zwar wird aus einer ersten geplanten Band noch nichts, aber es gibt viel Musik zu erkunden – und Chrissy bekommt so langsam ein Gefühl, welche der aufregenden Stile dieser Musik sie am meisten triggern.
Und diese manifestieren sich zunächst im eher melodischen Deathmetal – wovon auch ihr erster Konzertbesuch mit 16 bei IN FLAMES zeugt. Dennoch zog es das junge Mädchen noch zu neuen Härtegraden wie NAPLAM DEATH.
Auf den Rat ihres Musiklehrers in der Schule, erweitert Chrissy ihr Spektrum in der Musikschule, und nimmt Gesangsstunden – bei ihrer Klavierlehrerin. Dabei macht sie zur Freude ihrer Lehrerin gute Fortschritte. Dass das damit zusammenhängen könnte, dass Chrissy eines Tages nebenbei bei einer Metalband als Sängerin angefangen hat, verschweigt sie der in ihrer Wahrnehmung eher konservativen Frau.
Chrissy hatte an sich kein Problem damit, dass ihre Band sich an Nightwish orientierte – sie hatte eben großen Spaß daran zu singen. Dass sich die anderen Musiker allerdings zu stark an ihrem Vorbild orientierten, schon, was zum Split führte und ihr Arrangement als Musikerin zunächst beendete.
Als Musikbegeisterte steckt der Kopf danach natürlich nicht im Sand, es macht ihr weiterhin Freude neue Musik für sich zu entdecken, zum Beispiel tiefer in die Sounds des Blackmetal zu tauchen. Diese Musik hört sie zwar besonders gern bei ihrer kreativen Arbeit (dem Erstellen von geographischen Karten) – dennoch ist da mehr.
So drückt sie es aus: „Für mein Empfinden stellt Deathmetal die eigene Wut nach außen dar – Blackmetal hingegen hat meiner Ansicht nach ein viel breiteres Emotionsspektrum: Er bringt nicht nur den Zorn auf die Welt zum Ausdruck, sondern auch, was in einem selbst passiert. „Exit“ von GORGOROTH ist beispielsweise so ein Song, der einen von der ersten Sekunde an emotional auf so vielen Ebenen umhaut.“
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