Kreator – Record Release Show – Berlin “Musik & Frieden” 26.01.2017

Ungewissheit: Wie vermutlich viele andere versuchte auch ich einen Platz auf der nur 200 Teilnehmer langen Liste für diese einzigartige Kreator Show zu ergattern, in dem ich beim Stahlwerk zwei Donnerstage zuvor zur gegebenen Zeit mehrere Anrufe tätigte, ich kam aber nie durch.

Mittwoch, der Tag vor dem Konzert:
Ich setze mich nach Feierabend mit einem Kaffee an meinen PC und scrolle mal eben so die Timeline bei FB durch, wobei mein Blick auf einem Post des „Deaf Forever“ Magazins haften bleibt. Die verlosen noch 10 Karten an jene, die bis 18 Uhr eine Mail geschickt haben. Daraufhin gleitet mein Blick trostlos auf die Zeitanzeige des Desktops: 17:57 Uhr. Hm…klar bin ich zu spät, obschon, so eine Mail zusammenklicken dauert ja jetzt nicht sooo lange. Hektisch verfasse ich die Mail und schicke sie ab.
18:29 erhalte ich eine Mail vom Deaf Forever, dass ich zu den Glücklichen auf der Liste gehöre. Wow! Damit hatte ich jetzt nicht gerechnet. Jetzt heißt es, mich zu organisieren. Als Erstes erbitte ich mir beim Boss einen freien Freitag, danach wird geschaut, wie ich es zeitlich am Donnerstag nach der Arbeit schaffe, rechtzeitig in Berlin zu sein. Ich entscheide mich, alles notwendige mitzunehmen um gleich aus dem Spreewald durchzustarten, nochmal nach Hause, das wäre zu knapp.
Jetzt muss ich nur noch meine Kamera mit rein bekommen, das ist der eigentlich schwierige Part an meinem Unterfangen.
Donnerstagmorgen, 6:00 Uhr, verlasse ich in Arbeitsklamotten, mit zwei Rucksäcken, der Kameratasche und meinen Stiefeln in der Hand das Haus, und fahre auf die Kloppe. Im Autoradio läuft gleich von Beginn Kreators Livescheibe vom denkwürdigem Konzert in der Werner Seelenbinderhalle in Ost Berlin 1990. Erinnerungen kommen hoch, wie ich damals vor 27 Jahren mit einigen meiner Freunde in die Hauptstadt der DDR reiste, um Kreator, Tankard, Sabbath und Coroner live zu sehen. Nach wie vor wirkt dieser Tag, dieses Konzert, ziemlich surreal, schließlich wusste keiner, ob es so eine Möglichkeit noch einmal geben würde, der Fall der Mauer vielleicht nur ein kurzer Spuk war und irgendwelche Mächte das Rad der Geschichte anhalten, oder gar zurückdrehen würden.
16 Uhr, Feierabend. In der Firma mache ich mich frisch, ziehe mich um und bin kurz nach dem fantastischen Sonnenuntergang reisefertig. Ich liege gut in der Zeit und bin alsbald auf der Piste, und einigermaßen aufgeregt. Ich fahre sehr entspannt, ohne Hast, Kreator läuft.

Abfahrt-Car
Kreator – Record Release Show – Berlin “Musik & Frieden” 26.01.2017


Gegen 18:30 erreiche ich das „Musik & Frieden“ und hätte sogar, wie letztens bei meinem Besuch bei Jakob, wieder einen Parkplatz vor der Tür bekommen, jedoch biegt vor mir gerade ein anderer Wagen ein. Naja, drehe ich halt noch ne Ehrenrunde bis zu einer anderen Lücke. Ich habe noch locker eine Stunde Zeit, die ich damit verbringe, den Einlass meiner Kamera irgendwie zu organisieren. Am Ende wird es gelingen, worüber ich dem Unterstützer unendlich dankbar bin.

Kreator – Record Release Show – Berlin “Musik & Frieden” 26.01.2017


Ich latsche jetzt zum Club, reihe mich ein um eingelassen zu werden, treffe ein paar bekannte Gesichter und zwei meiner Ex-Bandmitglieder.
20 Uhr beginnt das Stahlwerk oben im Studio neben der Baumhausbar, Mille und Sami finden sich für ein kurzes Interview bei Jakob ein, wovon wir allerdings nichts zu hören bekommen, da die Barbetreiber es offenbar als sinnvoll erachten, die Bar mit eigener Mucke zu beschallen. Wir stehen also da, glotzen immer mal durch die Scheibe, sehen, wie man sich unterhält und hören dabei sowas wie AC/DC…sehr bizarr, diese Bar.
Ich hätte zum Beispiel auch gedacht, dass, wenn die beiden Kreator Mucker durch die Studiotür kommen, die Leute „KREATOR“ „MILLE“ oder was weiß ich skandieren.
Das tun sie, ich-  wir aber nicht. Vielleicht sind wir alle schon zu alt und eben in Deutschland und nicht Amerika…hehe 😉

Kreator-Stahlwerk - Studio Radio Fritz

20:45 Uhr: Ich gehe in den kleinen Konzertsaal, um mir eine halbwegs gute Position für das Fotografieren zu verschaffen. Da es keinen Fotograben gibt, was ich auch völlig okay finde, wird es eben nicht einfach werden.
Ich fühle mein Herz etwas schneller klopfen und übe mich in Geduld, bis es anfängt. Hinter mir reden zwei Fans über Schusstechniken und -winkel beim Fußball, zu ihrer Ehrenrettung sei gesagt, dass ihre Thematik alsbald auf Kreator übergeht 😉 Anderen Fotografen/innen reicht es wirklich auf den letzten Pfiff zu kommen, sie drängeln sich dann eben einfach um Verständnis grinsend bis vorn durch, wofür mir die Frechheit fehlt. Ich bin selbst Fan, aber wenn ich hier fotografieren will, dann immer so, dass ich die Fans so wenig wie möglich beeinträchtige. Dazu gehört eben auch, dass ich zeitig da bin, oder während der Show den Leuten signalisiere, dass, wenn sie mich hier mal durch oder vor lassen, ich in zwei Minuten wieder verschwinde.
21 Uhr ertönt das Intro, Kreator betreten unter frenetischem Jubel die Bühne und beschwören die „Hordes Of Chaos“. Während die Fotografen jetzt um mich herum wie verrückt anfangen zu knipsen, gucke ich mir die ersten beiden Songs erst einmal an, ohne zu fotografieren. Ich werde in dieser kommenden Stunde noch sehr viel Fotos machen, dem wird dann auch meine erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. Diese zwei Songs gehörten mir und der Band, ich will am Ende nicht rausgehen und die Atmosphäre nicht in mir aufgenommen haben.
Dann juckt es aber auch mir gehörig im Finger und ab dem Titelsong der neuen Scheibe, dessen Release hier gefeiert wird – „Gods Of Violence“ – bemühe ich mich, anständiges Bildmaterial mit nach Hause zu bringen. Und das ist verdammt schwer. Es herrscht in den ersten 15 Reihen natürlich eine amtliche Dynamik, die es nicht erlaubt, irgendeinen Ausschnitt zu kreieren, weil man eben ständig angerempelt wird.
Aber so ist das eben, ich muss mich ja hier nicht reinstellen. Um die kurzen Momente, wo die Crowd mich mal nicht vollends mitnimmt, die Chance auf ein paar geile Fotos  zu steigern, stelle ich das Fotogerät auf die möglichen 10 Bilder pro Sekunde und halte teilweise einfach nur drauf. So krass hatte ich es nur mal bei Napalm Death (auch ohne Graben), Kreator und die Crowd sind fast eins, die Bühne ist vielleicht 40 cm hoch, Mucker und Fans der ersten Reihe stehen sich unmittelbar gegenüber und beide Seiten peitschen sich gegenseitig hoch.
Ich verändere immer mal meine Position, gehe auch mal bis zum Mischpult zurück um aus höherer Position Fotos zu machen, derweil Kreator mit „Total Death“ einen Song aus dem Repertoire ziehen, den sie schon seit 1986 nicht mehr live gespielt haben. Sehr geil!!!
Lange hält es mich dort nicht, zu schnell erschöpft sich die Motivauswahl. Ich muss wieder rein, wieder nach vorn! Im Club ist es jetzt anständig warm, ich habe mit Shirt UND Lederjacke deutlich zu viel an. Kurz mal verschnaufen an der rechten Wand neben der Bühne. Dort steht hinter einem Stagegitter der Typ, der für den Videostream zuständig ist. Ihm fällt auf, wie ich mich immer mal auf die Zehenspitzen stelle, hat ein Einsehen und läd mich ein, von seinem kleinen Hocker aus ein paar Fotos zu schießen, Danke dafür!
Neben einigen Songs der letzten zwei Alben stellen Kreator noch drei ihrer neuen Songs vor, die sich vom Stil her hier gut einreihen, von der „Extreme Aggression“ gibt’s leider gar keinen Song, aber mehr lässt die Zeit wohl nicht zu. Zum Ende hin lassen mich zwei Fans nochmal zwischen sich, so kann ich auch ein paar Bilder aus der ersten Reihe mitnehmen. „Hail To The Hordes“ markiert dann auch den letzten Song, natürlich verlangt die Menge brüllend nach mehr. Ventor klatscht vorn die Hände der Fans ab während sich daneben die Souvenierjäger erst zaghaft, dann bestimmt, über Milles Plegholder her machen, in welchem noch einige der begehrten Plasikteile stecken, auf welchen übrigens „Fuck You“ aufgedruckt ist 😉
Als vom Band schließlich ein Phil Collins Song ertönt, dürfte auch dem letzten klar geworden sein, dass wirklich Schluss ist. Natürlich vergeht so eine Stunde wie im Fluge, ich glaube jedoch, dass jeder der Anwesenden diese Stunde als eine besondere Erinnerung bewahren wird. Denn so, so sieht man eine Band wie Kreator sicherlich nur extrem selten.

Kreator – Record Release Show – Berlin “Musik & Frieden” 26.01.2017
Kreator Night Liner

Ich trete dann den Rückweg an, die CD tausche ich nicht, warum auch? So endet dieser aufregende Tag, wie er begonnen hat…mit der „At the Pulse of Kapitulation – Live in East Berlin” CD eines Livekonzerts von 1990.
Und jetzt kann ich sagen: es war nach diesem Gig die wohl intensivste Begegnung mit dieser wegweisenden Thrash Metal Band, die ich je hatte.

2 Comments

  1. peter Januar 31, 2017

    Stimmt, das bemerkte ich auch schon 🙂 Ich hab das nur immer vor mir her geschoben, nun da es „öffentlich“ ist, werde ich das mal angehen, es zu verbessern.

  2. Speaker Januar 31, 2017

    Mir ist nun schon mehrfach aufgefallen, dass es schwierig ist von der Große Ansicht der Fotos zurückzukommen zum Text. Da fehlt n Button für. Aufm Android Tablet isses irgendwie noch lausiger als am PC. Sonst schöner Bericht
    Gruß
    Speaker

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