Teil Eins: Freitag
Und so rollen wir. Meine Frau Jeannine und ich, Richtung Nordwesten, die Sonne im Blick. Das Wechselspiel mit den Sonnenbrillen beherrschen wir schon recht gut: Bei Feldern auf, in Wäldern ab. Training für den Sommer. Unser Ziel sind die Frostfeuernächte südlich von Königs Wusterhausen. Im Kofferraum: Fotokram, …paar Klamotten, Kulturbeutel und Sicherheitsbier in Form einiger Lech Büchsen.
Es wird unser erster Besuch des nun zum dritten Mal stattfindenden Festivals im Süden von Berlin sein, der Name ist in diesem Jahr Programm, es sind Temperaturen um die -5 bis -6°C und das ist gut so. Im letzten Jahr, so hörten wir, kletterten die Temperaturen bereits ins Frühlingshafte. Natürlich lieben auch wir den Frühling, aber in diesem Fall wollen wir es lieber knackig kalt.
Während der Fahrt gucke ich immer mal nach einer schönen Stelle für ein stimmungsvolles Foto, so mit untergehender Sonne, doch verwerfe ich Stelle um Stelle, teile mich dahingehend meiner Frau mit, denn sie soll auch auf dem Foto sein – kurz nachdem ich mein Unterfangen unterbreitet habe, verschwindet die Sonne hinter einem Wolkenband…das war’s damit.
Die letzte Kreuzung: vielleicht die letzte Möglichkeit noch irgendein Foto im Sinne der Anreise zu machen, keine Sonne, nix was mir würdig erscheint,bis auf…
Dieser völlig zugefrorene Waldweg hier, das wäre was. Was ich jetzt mache, passiert mit abgeschaltetem Gehirn, ich will eben ein Foto! So steure ich den Wagen von der Straße herunter in den abschüssigen spiegelglatten Weg, so zu rollen iss ja kein Problem, ich muss aber A: da „unten“ irgendwo wenden, und B: die leichte Anhöhe zurück zur Bundesstraße schaffen. Mir ist ganz heiß mit einmal. Das Wendemanöver setzt schon gut Adrenalin frei… ganz sachte, nur nicht hängenbleiben. Jeannine sagte bereits, dass sie NICHT schieben wird! Es klappt, wir steigen aus, Jeannine macht sich ne Fluppe an und ich fotografiere (das Ergebnis wird später das Foto über diesem Blogeintrag sein) .
Zurück: mit Schwung die Anhöhe passieren und sogleich in die Eisen weil ich ja den Verkehr zu beachten habe. Zumindest unter den Antriebsrädern ist jetzt teilweise Grip, die Bahn ist frei und mit durchdrehenden Reifen ziehe ich über die Straße. Fuck! Jetzt könnte ich ein Bier vertragen!
Das soll nicht mehr lange auf sich warten lassen. Noch zwei Kilometer und wir erreichen das Festivalgelände, welches den Anschein erweckt, vielleicht mal ein DDR Ferienlager gewesen zu sein.
Ein recht großes, wie uns scheint, gelegen im Wald, der versucht uns am Blick auf den See zu hindern. Am Rande des schmalen Asphaltbandes steht nun ein Camper – vor ihm Langhaarige Mädels und bärtige Typen in schwarzen Klamotten – wir sind demnach richtig.
Wir stehen quasi am Check-In, Eintrittskarte zeigen, Liste unterschreiben, Bändchen entgegennehmen, dazu den Lageplan und den Zimmerschlüssel. Wir hoffen für die Jungs und Mädels am Einlass, der Heizlüfter macht nicht schlapp und der Glühwein möge nicht versiegen. Okay, Lage peilen, „Steinhaus“ ansteuern, Geraffel raffen und das erste Stockwerk entern. Wir suchen und finden unser Zimmer. Es zeigt sich uns spartanisch: Betten, Hocker, kleiner Tisch und ein Schrank, fertig ist die Laube im 90er Jahre Charme. Und wisst ihr was? Genau so braucht es das – das ist unser Schlaflager, hier sind wir, wenn an den beiden Festivaltagen die letzten Noten gespielt sind, hier fällst du um und tankst Energie. Oder eben ein Lech, welches wir nun öffnen – Skål!
Zu jedem Zimmer gehört im Übrigen auch ein Bad über dem Flur, die Türen sind von innen verschließbar, nicht jedoch von Außen, was in mir Gedankengänge freisetzt, jemand könnte die Türen verwechseln und in „unser“ Bad kotzen…meine Sorge blieb jedoch unbegründet 😉