Gesichter einer Szene No.23

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Nach meinem Shooting in Tegel, und dem halben Sturzbier im Garten meines Freundes in Spandau, sitze ich also wieder in meiner Karre und fummle am Gerät. (nein, vergesst diesen Gedanken!) Route anklicken, Zeitcheck, sollte passen. Nach 200 Metern rechts ran, Nachricht von Tobi beantworten, bezüglich meines Zeitplans. Es ist Sonntag Nachmittag 17 Uhr, ich werde nun Berlin von West nach Ost durchfahren, das soll knapp eine Stunde dauern, den Verkehr finde ich überschaubar. Weniger überschaubar finde ich allerdings manchmal die Diskrepanz zwischen den Strichen auf dem Bildschirm und echten Straßen. Ach, hier geht es ja schon links weg, na dann muss ich jetzt mal während der Rotphase andeuten, die Fahrspur zu wechseln. Die Berliner unter euch werden wissen, dass einige Berliner dafür kein Verständnis aufbringen können, und sich darüber, mit ihrem am Fahrzeug angebrachten Horn Luft machen. Hm…schon klar, denk an dein Herz, Alter!!! Also nicht meins, ich bin entspannt. Es rollt, der Telespargel zieht an mir vorbei, vielmehr ich an ihm, es beginnt etwas zu regnen, aber die Sonne behält die Oberhand. Die neue Silly lässt die Lautsprecher vibrieren, für Berlin immer ’ne passende Mucke. Noch eine viertel Stunde und ich bin in Hellersdorf. Hellersdorf, das bedeutet in erster Linie „Platte“. Und wie ich so die letzten Meter fahre, verstehe ich auch etwas, warum Tobi so aus der Kalten kein geeigneter Ort für unser Shooting eingefallen ist. Ich gebe Tobi Notiz von meiner Ankunft, und er erscheint sogleich am Hauseingang. Wir kennen uns vom letzten „Rotten&Poor Stagekill“ sind uns also vertraut und bequatschen kurz den Ablauf. Der sieht vor: Ab in den Keller, Lage peilen, Tobi nochmal hoch schicken, eine Gitarre holen. Ich gucke mich in den Kellergängen um, das könnte was werden, diese metallischen Paneele, die hier als Abschottung der Keller dienen könnte einen guten Effekt liefern. Einen Blitz schraube ich schräg über Tobi mit einem Galgen zum Ausrichten an eines der Kellerabtrennungen, während der zweite auf dem Boden liegend die Paneelen beleuchten soll. Es kann los gehen. Der Blitz über Tobi blitzt aber nicht. Hm, alles mal checken, sitzt er richtig auf den Kontakten des Funkauslösers? Macht er. Das ist komisch, beim ersten Shooting des Tages verrichtete er noch klaglos seinen Dienst. Das Display leuchtet, aber kein Blitz. Test auf der Kamera: kein Blitz. Der ist hinüber. Mist. Naja, dafür ist ja noch ein dritter in der Tasche, der hat zwar schon ein paar Macken, aber für das Licht am Boden taugt er. Jetzt aber. Tobi bringt sich in Position und nestelt dabei einen Haargummi nach dem Anderen aus dem Zopf, der Haarschopf wird so immer länger, ich denke kurz darüber nach, wieso nicht ich mit so Haaren gesegnet bin und weine innerlich etwas. Unsere Fotosession verläuft dann auch erfolgreich, noch den Fragebogen befüllen, fertig. Tobi muss heute noch auf Schicht und ich muss will ja heute noch in den Fotograben. So trennen sich unsere Wege mit einer herzlichen Verabschiedung. Im Auto klicke ich eine Playlist der Suicidal Tendencies an, sie wird mir Vorfreude und Wegbegleiter bis zum Huxley sein. Ich bin zufrieden, beide Fototermine für die Serie absolviert zu haben, und langsam kommt eine angenehme Aufgeregtheit in mir hoch. „ST! ST! ST!… Pledge Your Allegiance

Steckbrief:

Tobi(33) Lagerlogistiker

Fan, Musiker, Konzertgänger

Tobi fällt es gar nicht so leicht, nachzuvollziehen, wie er zur Heavy Metal Szene gekommen ist. Das mag daran liegen, dass er quasi schon als Stift ständig mit dieser Musik konfrontiert wurde. Dafür sorgten nämlich seine beiden älteren Brüder. Die beiden waren schon fleißig am Tapetraden, als Tobi noch mit der Klapper um den Christbaum orgelte. Der Metal war also praktisch immer schon da, er wuchs – anfangs die Musik unbewusst wahrnehmend – damit auf. Seine Brüder also versorgten ihn alsbald mit Kassetten, auf denen sich so Songs von (frühen) Maiden oder Megadeth befanden. Ein Song von Megadeth, namentlich „Set The World Afire“ vom Album „So Far, So Good… So What!“ war es dann wohl auch, der Tobi dermaßen in Verzückung setzte, dass er seinen Brüdern in musikalischer Hinsicht folgte. Er erlernte später das Gitarre spielen, und auch wenn es manchmal etwas kompliziert ist, Familie, Metal, und Beruf für alle zufriedenstellend zu organisieren, lebt Tobi seine Vorstellung vom Heavy Metal Fan in vollen Zügen.

spielt Gitarre bei Xicution

spielte bei Respawn und Splitting Society

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