Gesichter einer Szene No. 87
Als ich „Gesichter einer Szene“ vor nunmehr sieben Jahren startet, waren einige Dinge naturgemäß nicht vorauszusehen. Mein erstes „Model“ und damit natürlich auch in gewisser Weise Versuchsobjekt war damals mein ältester Sohn Max, den ich in seiner kleinen Wohnung in Dresden fotografierte. Dass sein jüngerer Bruder Moritz einmal Teil des Projekts werden würde, daran war damals nicht zu denken – wie der Steckbrief hier gut veranschaulicht
Dass es dazu nun kommen sollte, war schon etwa seit einem Jahr klar geworden, als ich das mit Moritz bei einem Besuch in seiner Wahlheimat Greifswald besprach. Wir hätten das auch sogleich durchziehen können, jedoch hatte ich an jenem Tag das nötige Equipment nicht dabei.
Ich halte es mit meiner J. so, dass wir nach ein paar Tagen an der Ostsee, immer noch einen Besuch bei Moritz und seiner Frau Emma in Greifswald dranhängen. Diesmal hatte ich selbstredend, die dicke Nikon und das portable Blitz-Gedöns mit dabei, um unser Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Über den Nachmittag, waren wir in der Fischer-Hütte im Stadtteil Wieck lecker Essen um hernach am Strand Eldena noch zwei Drachen steigen zu lassen – anschließen sollte sich unser Fototermin.
Dazu gehe ich mit Moritz zu Fuß unweit von der Wohnung in Greifswalds Altstadt zum Radiosender 98.1, aus welchem auch „Score – der Gametalk“ gesendet wird – Emma und Moritz Radioshow. Der Hinterhof wird hier auf einer Seite durch die alte Stadtmauer begrenzt, was ich ob der alten Klamotten recht stimmig für ein Foto halte, zumal wir eine Stelle finden, in welcher die Mauer einen leichten Bogen beschreibt. Perfekt.
Die Sonne verschwindet bereits hinter den Häusern und es frischt merklich auf, durchaus typisch für den September an der Küste, unsere Hoodies wärmen jedoch genug. Bevor wir uns auf die Fotos konzentrieren, muss ich meinem Sohn allerdings ein paar Fragen stellen, deren Antworten für mich durchaus eine neue, interessante Sichtweise auf unser damaliges Familienleben freigeben.
Nachdem uns die Fotos überzeugt haben, treten wir unseren kurzen Rückweg an. Im Heim des jungvermählten Paares warten neben Absinth und Pils, noch ein paar Folgen Loriot auf uns, um den Tag ausklingen zu lassen, recht so.
Steckbrief:
Moritz (23) Selbstständig als Videograf & Sprecher
Fan, Videoproduzent
Schon als kleines Kind wurde Moritz im Elternhaus mit Musik, allen voran mit Metal konfrontiert. Das mag hier auch die rechte Bezeichnung sein, denn im Nachhinein erscheint ihm dies auch irgendwie als Last, auch wenn sie ihm nicht auferlegte wurde.
Sein fünf Jahre älterer Bruder war nicht nur seit Kleinkind-Tagen musikverrückt, nein, er musste zu allem Überfluss auch noch autodidaktisch Musiker und Bandgründer werden, da war Moritz um die acht Jahre alt.
Es lief also immer Musik zu Hause, entweder aus irgendeiner Hifi-Anlage, oder sein Bruder übte im gemeinsamen Kinderzimmer ständig Gitarre und brüllte ins Mic. Donnerstag lief immer das „Stahlwerk“ und später die „Heavy Hour“ und am Wochenende kamen Freunde der Ellis, die genauso drauf waren. Moritz meint heute, er fand es damals vielleicht suspekt (nur eben in kindlichen Gedankengängen) und er hätte es nie richtig wertgeschätzt und konzentrierte sich stattdessen auf sein geliebtes Gaming. Etwas älter, so als Abiturient entwickelte sich eine Affinität zu Künstlern wie Metallica, Black Label Society oder den Foo Fighters – dabei blieb es zunächst.
Er begann ein Studium an der Ostsee. Hier – allein im kleinen Wohnheimzimmer fern der Heimat – nahm er sich bewusst Zeit, Musik zuhören, quasi als Bindeglied zu den anderen Familienmitgliedern. Besonders am Donnerstag zur „Heavy Hour“, denn da wusste er, die wird jetzt gerade vermutlich jeder seiner Liebsten ebenso am Laufen haben. Es wuchs die Erkenntnis, dass es etwas Gutes hatte, dass in der elterlichen Wohnung Musik so eine große Rolle spielte und für Moritz wurde Metal immer wichtiger. Sein Musikgeschmack entwickelt sich, immer neue Einflüsse und Bands erhört er sich – nicht zuletzt durch die allwöchentliche Sendung auf Star FM. Seit dieser Zeit gilt seine Vorliebe vor allem jenen Bands, die sich durch Härte, Kompromisslosigkeit oder Dropdowns auszeichnen – also Thrash/Deathmetal oder Deathcore. Dazu boten Videospiele-Soundtracks sowohl kontemporäre klassische Musik als auch krasse Metal Sounds à la Mick Gordon und fanden bei ihm rege Aufmerksamkeit. 2018 erlebte er sein erstes großes Konzert bei Black Label Society – ein weiterer Grundstein für seine Liebe zu Musik.
Ab hier mochten die Gedanken reifen, seine Fähigkeiten in Sachen Video in Projekte umzusetzen, die ihren Fokus auf genau diese Musik richten sollten. Es entstand die Videoproduktion „Live aus Berlin“ eine Doku über die „Heavy Hour“ mit Jakob Kranz und 2021 das erste Tormentor Video „Chrown Of Shame“ – der Band seines Bruders.
Nebenbei moderiert er mit seiner Frau eine Radiosendung mit Schwerpunkt Gaming, und zwischen den Beiträgen gibt’s die Lieblingsmusik der Beiden – Metal!
Und so schließt sich der Kreis – denn wie sagte einmal eben jener Jakob Kranz über diese Familie – sie wäre so eine Art „Kelly Family des Thrash Metal“ – und ich glaube, das trifft es sehr gut
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