Gesichter einer Szene No. 90

Irgendwann klappt es ja dann doch. Ich berichtete ja da und dort immer mal wieder, dass gerade die Terminfindung um Umsetzung für die Serie durchaus eine Herausforderung sein kann. Nun, und wenn hinzukommt, dass die zu Porträtierenden dann auch nur ein sehr enges Zeitfenster zur Verfügung haben, bin ich immer ausgesprochen dankbar, dass es am Ende geklappt hat.

So war das auch bei Mario. Wir hatten uns bestimmt schon zweimal so weit verständigt, dass wir das durchziehen wollen, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail, und wenn ich bemerkte, dass Mario einfach zu beschäftigt schien, drängte ich freilich nicht auf eine Umsetzung. 

Umso erstaunter bin ich im Nachhinein, dass es auf dem Protzen 2023 zum Fototermin gekommen ist. Denn – es ergoss sich am Freitag eine für das Protzen Festival eher ungewöhnliche Menge an Regen über das Gelände und weite Teile Brandenburgs, sodass das Team sich einigen Herausforderungen gegenüber sah und es nicht abzuschätzen war, ob am Samstag für derlei Nebensächlichkeiten Luft sein würde.

Schlammiges Gelände – auf dem POA eher selten 🙂

Ich machte mich also mit meinem Fotogeraffel vom Zelt auf den Weg zum Backstage, wo ich Mario auch direkt in die Arme lief: „Ähh, ja, ach ja, öhm, ich bin gleich für dich da, Moment“. Ich steckte Mario noch, wo wir fotografieren werden und ging die paar Schritte voraus, um den Blitz aufzustellen und einzurichten – ich wollte schnell vorgehen. 

Die Rückseite des ehrwürdigen Hangars.

Als tragendes Element des Fotos sollte die Rückseite des Hangers und im Besonderen die kleine Treppe zur Bühne dienen. Schließlich war sie viele Jahre ein Dreh- und Angelpunkt des Livegeschehens des Festivals, war Ein- und Ausgang für Stagehands und Bands – und natürlich für Mario selbst.

Die Fotos sind ruck zuck erledigt, bleibt uns noch ein kurzes Interview anzuschließen, welches wir im Backstagezelt bei einem Bier so gut es geht zu führen, denn die nächste Band hat bereits begonnen und macht eine Unterhaltung nicht einfach. Auch erinnern mich kurze Unterbrechungen, welche Mario über seinen Knopf im Ohr und Mini-Mic managt, daran, dass der Mann viel zu tun hat. So bedanke ich mich bei ihm für seine kostbare Zeit und widme mich wieder dem Festivalalltag.

Steckbrief:

Mario (45) Isolierer

Fan, Veranstalter des Protzen Open Air

Musik, an welche Mario sich in Kindheitstagen erinnern kann, gibt es nicht viel, seine Mutter jedenfalls mochte die Rolling Stones gern hören, er selbst hatte mit Roxette seine erste Lieblingsband. Das war so um 1988, Mario war damals zehn Jahre alt.

Mit der Zeit änderte sich der Musikgeschmack jedoch, wobei als prägender Input sein Cousin einen Anteil haben mochte. Mit dem Genuss von klassischem Heavy Metal, wie Accept oder Iron Maiden, veränderten sich das Aussehen des Teenagers, die Haare wuchsen lang, die Poster im Kinder/Jugendzimmer zeigten die Konterfeis der wilden neuen Musiker. Dazu wurde die Tendenz Hard bis Heavy rituell am Wochenende via Rundfunk angehört und Tonbandkassetten bespielt.

Das Leben als Metal Fan ist ja auch stetig von Veränderung begriffen, und so erreichte auch Mario schon in jungen Jahren eine neue Brutalitätswelle der geliebten Musik – hervorgerufen durch Death- und Blackmetalbands, welche die gewohnte Art der Musik gehörig auf den Kopf stellten. Deathmetal wurde zu seinem Ding.

In seiner Erinnerung sind „Subconscious Terror“ von Benediction, aber auch Napalm Death Scheiben mit Schnittmenge Barney Greenway seine Schlüsselmomente dieser a14ufregenden Mucke.

Mit 14 erlebt Mario quasi sein erstes Konzert. Dabei handelte es sich jedoch mit Benediction, Obituary und Death im Berliner Ecstasy gleich um ein richtig fettes Kaliber – seiner Mutter weiß bis heute nix vom nächtlichen Ausflug des Sprösslings in die Großstadt – was sich jetzt freilich ändern könnte. smiling face with halo 

Anfang der 2000er Jahre startete das Protzen Open Air in seiner Nachbarschaft und Mario war von 2003 bis 2008 für das Booking der Bands zuständig. Seit 2009 wird das kleine, familiäre Festival schließlich in freundlicher Übernahme vom ursprünglichem Betreiber durch Mario und seine Frau Andrea weitergeführt.

Das Protzen Open Air gibt es nächstes Jahr dann bereits ein Vierteljahrhundert, was im kommendem Sommer dann auch gebührend gefeiert werden soll. Das verdient Respekt, denn ein Selbstläufer ist so eine Veranstaltung natürlich nicht – es erfordert Hingabe und Leidenschaft, etwas, was die Crew des „Protzen“ ohne jeden Zweifel mitbringt und auslebt.

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