Gesichter einer Szene No. 76
„Na dann am besten am Getränkestand mit einem Cuba Libre im der Hand!“ Öhm, ja, da hatte mich Danny so kurz nach unserer persönlichen Bekanntschaft gleich auf dem kalten Fuß erwischt.
Seit Donnerstag bin ich mit meiner J., sowie Anke & Steffen auf dem Protzen Open Air zu Gast. Es ist Freitag und das Frühstück liegt hinter uns. Genauer geht es bei den Mädels schon daran, das zweite Frühstück aufzurufen, welches sich aus diversen Kaltgetränken speisen möchte.
Ich mach mir ein Radler auf und kurze Zeit später, schneit besagter Deathmetal Danny unter unser Sonnensegel. Die Wiedersehensfreude unter den Bekannten ist groß und wir werden uns vorgestellt, da jeder von uns den anderen quasi nur über Facebook „kennt“. Das soll sich nun ändern. Anke und Steffen scheinen bei Danny ordentlich Werbung für das Projekt gemacht zu haben und ich muss wohl schon mal angedeutet haben, dass ich ihn (unbekannter Weise) ja auf dem Protzen fotografieren könnte, weil er ja so weit von der Lausitz entfernt beheimatet ist.
Und so entwickelt sich das von Beginn an angenehme Gespräch in der Runde, recht schnell zu genau diesem Thema, wobei ich zugeben muss, vor Elan nicht gerade im Dreieck gesprungen zu sein.
Anfangs dachte ich noch, ich könnte mich geschickt aus der Affäre ziehen, da ich mir gerade überhaupt nicht vorstellen konnte, wo ich hier auf dem Acker ein ansprechendes Foto aufnehmen könnte. Dann folgte jedoch dieser eingangs zitierte Satz von Danny, der mich natürlich völlig entwaffnet und oben ohne dastehen ließ 😉 Als dann noch aufmunternde Worte meiner Mitstreiter über mich ergingen, rief ich aus: „Na, dann lasst uns das mal durchziehen!“
Denn, ich erbat mir moralische Unterstützung bei der kleinen Fotosession, die eben am Bierstand auf dem Protzen Festivalgelände umgesetzt werden sollte: „Danny für Gesichter einer Szene mit Cuba Libre“ stand auf dem imaginären Moodboard, fotografieren bei Publikumsverkehr.
Mit kleinem Blitzbesteck, Lichtstativ und Kamera zuckeln wir den staubigen Weg zum Infield, die erste Band müsste bald spielen, bis dahin wollen wir durch sein. Danny ist bekannt, sehr bekannt, es macht schon Schwierigkeiten, ohne Unterbrechung bis an den Getränkestand zu kommen, und während ich meine Werkzeuge aufbaue, ist Danny mit kurzen Begrüßungsgesprächen beschäftigt.
Derweil auch der bildwichtige Cuba Libre geordert ist, bin ich auch schon soweit, mache ein paar Testfotos und versuche die Bemerkungen der im unmittelbarem Umfeld stehenden auszublenden. Natürlich ist es nicht so, dass ständig und alles kommentiert wird – überhaupt nicht – nur kommt es mir so vor. Es wird ja gern überschätzt, wie sehr sich Menschen um das, was man gerade macht, scheren, so auch von mir. Also, alles halb so wild. Nach ein paar Minuten ist auch schon alles vorbei.
Während der Rest meiner Mitstreiter auf dem Platz bleibt, ziehe ich mit Danny zurück zum Camp. Wir öffnen ein weiteres Kaltgetränk, ich starte die Recorder App und es beginnt ein einstündiges Gespräch über den Werdegang des Danny zum Deathmetal Danny.
Ich bin am Ende sehr froh, dass meine Begleiter hier etwas Druck aufgebaut haben, damit ich aus dem Campingstuhl hoch komme. Danny in doch so kurzer Zeit so intensiv kennengelernt zu haben, war mir eine Ehre. Ein feiner Kerl, ich freue mich auf ein Wiedersehen.
Steckbrief:
Deathmetal Danny (35) Verfuger auf‘m Bau
Fan, Sänger, Veranstalter, Crew Mitglied bei verschiedenen Festivals
Natürlich ist es etwas weit hergeholt, wenn ausgerechnet die Konfirmation etwas damit zu tun haben sollte, dass Danny Metal Fan wurde. Aber im gewissen Sinne war jene feierliche Segenshandlung der Türöffner für den Jugendclub des 460 Einwohner zählenden Örtchens, in welchem Danny aufwuchs.
Denn so ein Jugendclub setzt eben ein bestimmtes Alter voraus, in Dannys Fall waren das 14 Lebensjahre. Eine Metalszene gab es im Club nicht, aber die Jugendlichen ließen gern mal harte Mucke laufen. Nicht, dass Danny danach gesucht hätte, er wusste im Prinzip überhaupt nicht, dass in ihm ein Musikfreak schlummert, bis eben die Songs der „Kings Of Metal“ von Manowar den Club erschütterten. „Weels Of Fire“ wurde zu Dannys erster Metal Hymne und es wuchs die Neugier an Bands wie Blind Guardian oder Iced Earth. So schnell geht das.
Bald verspürte er den Drang, solche Musik auch live zu sehen. Freilich waren das am Anfang meist Konzerte der näheren Umgebung, bei welchem zudem Coverbands die Fans bespaßten. Immerhin lernte Danny hier die ersten Gleichgesinnten kennen, er schloss Freundschaften und mit 17 ging die Reise nach Glauchau zu Grave Digger, der erste Live-Höhepunkt in seinem Leben.
Danny war zu dieser Zeit schon sehr wissbegierig, er studierte die einschlägigen Metalmagazine, kaufte CDs, recherchierte natürlich auch im Internet, und sammelt Fachwissen an.
Einer, wenn nicht der wichtigste, musikalische Marker nach Manowar, bahnte sich mit dem Besuch des Wacken Open Air 2002 an. Danny machte dort Bekanntschaft mit einem Typen, der später zu seinen besten Freunden gehören sollte. Jener drückte ihm mit einer Empfehlung die brandneue „Revalations“ von Vader in die Hand. Mit deren Song „Whisper“ kam in Danny wieder dieses Gefühl auf, etwas zu hören, was Dinge in Bewegung setzt.
In nun folgender Zeit verschiebt sich Dannys Interesse an Metal stark in Richtung Deathmetal, was letztlich zu seiner Bekanntheit ob seiner Beschlagenheit im Genre führte. Danny wurde zu Deathmetal Danny 🙂
Danny schätzt am Deathmetal vor allem, dass diese Musik keine Attitüde benötigt, aber natürlich hat bei ihm im Player alles eine Berechtigung, auch wenn es kein DM ist 😉
Als in Dannys Region so um 2008 die Konzertkultur Einbrüche erleidet, und sich die Freunde gezwungen sehen, immer längere Wege auf sich zu nehmen, entscheiden sich Danny und seine Mitstreiter dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Nach anfänglichen Scharmützeln gründen sie einen Verein, und veranstalten mit „Death Sentences“ – so der Name des nun schon seit zehn Jahren bestehenden Metal Clubs – regelmäßig Konzerte.
Ist Sänger bei Rottenland.
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