Konzertfotografie mit Blitz?
Heute geht es um Konzertfotografie mit Blitz
Wer Konzerte fotografiert, ob nun aus dem Publikum heraus mit Kompaktkamera oder Smartphone, oder aus dem Fotograben mit einer DSLR kennt ein großes Problem. Kein Licht und das auch noch rot! Bei Konzerten von Bands die schon größere Hallen bespielen kannst du eigentlich nur hoffen, dass es anständiges Licht gibt aber im Prinzip bist du den Gegebenheiten vor Ort hoffnungslos ausgesetzt. Gibt es bei größeren Konzerten schlechtes Licht, und du hast eine aktuelle DSLR mit echt fetter High-ISO Leistung bist du fein raus, schraube die ISO auf 12800 und ab geht’s. Wessen DSLR schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat und Rauschen bis ISO 1600 gerade noch so durchgehen läßt, ISO 3200 aber schon unbrauchbar findet, dem hilft vielleicht noch ein lichtstarkes Objektiv mit Offenblende um f1.4 oder 1.8. Hast Du beides, um so besser, dann sind nur noch deine fotografischen Fähigkeiten gefragt 🙂 In kleinen Clubs sieht es erfahrungsgemäß ähnlich aus, auch hier liegen Glück und Pech was das Licht angeht dicht beisammen. Allerdings gibt es hier noch andere Auswege die in großen Hallen tabu sind. Blitzlicht! Ich kann die Konzerte, die ich mit auf der Kamera aufgesetzten Blitz fotografiert habe an einer Hand abzählen, die besten Fotos entstanden dabei noch, wenn ich gegen die Decke eines Clubs geblitzt habe (so sie in akzeptabler Reichweite gewesen ist). Den Blitz auf der Kamera in Richtung der Akteure, das geht gar nicht, dessen sollte sich jeder bewust sein. Erstens macht das richtig heftige Schlagschatten und zweitens wird das dem Musiker nicht gefallen. Richtig zufrieden war ich mit Blitz „on Cam“ nie und es war für eine kurze Zeit ein Ausweg, den ich gegangen bin. Heute kompensiere ich die gemäßigten High-ISO Leistungen meiner Nikon D300 und D300s in dem ich bei Klubkonzerten entfesselt blitze, wie ich das anstelle, darüber will ich hier berichten.
Ein paar Dinge die nicht technischer Natur sind vorab. Gut ist es den Klub zu kennen, vielleicht auch die Typen von der Technik, dann kannst du vorab klären was du vorhast, das klappt aber auch unmittelbar. Ich halte es so, dass ich entweder vor der Show die Band vor Ort befrage, ob sie etwas gegen Blitzlicht haben, oder ich schreibe die Bands vorher an. In beiden Fällen versuche ich den Musikern soweit verständlich zu erklären, wie sich das Blitzlicht auswirken wird und ich erwähne unbedingt, dass man während des Gigs davon keine Notiz nehmen wird. Das ist insofern wichtig, da man sonst mit seinem Unterfangen nicht auf Gegenliebe stoßen könnte. Um es vorweg zu nehmen, ich befrage die Musiker nach so einem „geblitzen“ Konzert immer, ob irgendwas gestört hat, die Antwort war bisher immer „nö“. Das liegt einerseits daran, dass die Mucker während des Konzertes echt bis unter die Schädeldecke mit Adrenalin „voll gepumpt“ sind und andererseits daran, wie die Blitze aufgestellt sind. Weshalb ich nun zu den technischen Aspekten komme.
Was brauche ich überhaupt um entfesselt zu blitzen? Zunächst mal mindestens zwei Aufsteckblitze, zwei Funkempfänger, einen Sender. Hier gibt es natürlich mehrere Ansätze die man verfolgen kann, rein manuelles Blitzen oder die Zuhilfenahme einer Automatik. Ich lasse mir hier gern von einer Automatik helfen, in diesem Falle vom Nikon iTTL System, welches mit Messblitzen vor der Aufnahme die korrekte Belichtung ermittelt. Der Vorteil, sich von einer Automatik helfen zu lassen ist darin begründet, weil es bei Konzerten ständig wechselnde Lichtverhältnisse gibt und du keine Zeit haben wirst dich darauf einzustellen.Dazu benutzte man bisher den integrierten Blitz der Kamera oder einen Nikon Aufsteckblitz als Messblitz – welcher dann auch über Infrarot Signale die Aufsteckblitze im Raum auslöst – oder die sauteure SU 800 Steuereinheit. Problem dieser Lösung ist die Reichweite und Anfälligkeit bei Gegenlicht. Aus diesem Grund habe ich das bei Konzerten nie benutzt. Erst mit dem Erscheinen der iTTL fähigen Funkempfänger YN-622N von Yongnuo nebst Steuereinheit YN-622N-TX zu einem echt erschwinglichen Preis (ca.100 Euro für das Set bestehend aus zwei Funkempfänger + Steuereinheit )gab es für mich eine Alternative und den Drang zu handeln. Denn, dieses System adaptiert das Nikon iTTL System, verbreitet es aber nicht über Infrarot, sondern über Funk.
Wie sieht mein Aufbau konkret aus? Ich habe im Kofferraum immer zwei Lichtstative und in meinem Kamerakoffer Manfrotto Superclamps. Je nach Gegebenheiten und Platz kommt eines der Systeme zum Einsatz, auch gemischt. Wenn viel Platz ist, sind Lichtstative die erste Wahl, weil ich die bis auf drei Meter hoch ausfahren kann. Auf dem Lichtstativ ist ein Schirmneiger geschraubt, darauf sitzt einer der Funkempfänger und auf diesem ein Aufsteckblitz. Da ich iTTL verwenden will, müssen die Blitze auch iTTL fähig sein. In meinem Fall sind das ein SB600 und ein SB800 von Nikon, es funktioniert aber generell auch mit iTTL fähigen Blitzen von Fremdherstellern, Yongnuo selbst hat hier sehr günstige im Angebot. Habe ich wenig Platz versuche ich zumindest ein Lichtstativ aufzustellen und der zweite Blitz wird per Superclamp an irgendein Rohr (sowas findet sich immer) geschraubt.Ich versuche immer rechts und links der Bühne einen Blitz unterzubringen. Im Idealfall stehen also zwei Blitze hoch über den Köpfen der Band schräg nach unten gen Mitte gerichtet. Diese Position ist dergestalt günstig, weil die Scheinwerfer ja ähnlich positioniert sind und Schatten, die die Blitze werfen kaum auf den Fotos auszumachen sind, auch für die Musiker sind sie so kaum zu bemerken. Die Zoom-Position der Blitze (Reflektoren) sollte in Weitwinkel Stellung gebracht sein, um die Streuung des Lichts weit zu fächern. Wenn die Positionen fix sind schalte ich die Blitze und die Empfänger ein, stecke die Steuereinheit auf den Blitzschuh der Kamera und mache einen Funktionstest mit der Testtaste. Stimmen die Kanäle überein, feuern die kleinen Biester jetzt Licht ab und sie können hoch gefahren werden. Das geile an der Yongnuo Steuereinheit YN-622N-TX ist hier, dass ich mit ihr die Leistung der Aufsteckblitze jederzeit per Funk korrigieren kann, dazu brauche ich mich nicht mühsam im Kameramenü druchwursteln. Auch könnte ich einen der Blitze gegebenenfalls ausschalten, ohne sie erst in erreichbare Höhe zu bekommen. Die Reichweite der Signale beträgt wohl um die 100 Meter, das sollte auch für größere Klubs reichen, ich hatte damit noch nie Probleme.
Jetzt geht es ans Fotografieren. Ich möchte in erster Linie gut ausgeleuchtete Konzertfotos die das vorhandene Licht der Scheinwerfer einbeziehen. Irgendwelche Scheinwerfer sind ja immer an, auch wenn manchmal in ungünstigen Positionen, wie zum Beispiel gern nur von Hinten, so das zwar Licht da ist, aber die Mucker dennoch im Dunkeln stehen. Ich habe auch keinen Bock mehr mich bei lauter Musik mit dem Typen hinter dem Mischpult darüber zu „verständigen“, ob er nicht vielleicht mal Licht von Vorn bringen könnte. Also kommt die Kamera in den manuellen Modus, durch die Unterstützung meiner Blitze kann ich mit Blende und Belichtungszeit spielen, ohne großartige Unterbelichtungen zu riskieren. Also schließe ich die Blende meines Sigma 18-35 etwas, welches durchgängig f1,8 bietet, um einen größeren Schärfebereich zu bekommen, die Zeit variiere ich von einer 1-25 sek bis 1-60 sek. Kürzer belichte ich meist nicht, weil ich den Blitzen so Reserven verschaffe, damit sie nicht auf volle Leistung arbeiten müssen. Mit diesen Zeiten gewährleiste ich auch, dass viel Umgebungslicht eingefangen wird, was für authentische Konzertfotos wichtig ist. Je nach dem wie viel Licht generell zur Verfügung steht kann die ISO bei 200 bleiben oder wird bei 400 festgetackert. Zwischendurch kann ich ja zusätzlich die Blitze in ihrer Leistung nach regulieren.
Fazit: Selbst wenn ich in einen Klub komme, der recht gutes Licht bietet setze ich meine Blitze ein… wenn ich kann. Es gibt mir ungemeine Freiheit und das gute Gefühl mit meinem zusätzlichem Licht die Situation im Griff zu haben. Das Ergebnis sind gut belichtete Konzertfotos auch in Klubs die dunkel wie der sprichwörtliche Bärenarsch sind und das bei rauschfreier niedriger ISO Einstellung.
3 Comments
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🙂 hast du aufmerksam gelesen? Ich habe und mache das heute noch, die Bands immer befragt, es fühlte sich niemand gestört, auch nicht im Publikum, die meisten merken es nicht, wir reden ja nicht von Dauerlicht. Ich sag mal so: Ich glaube, dass bei den meisten der Fotos, die ich in dem Zusammenhang hier zeige viele -auch Fotografen- es nicht einmal bemerken würden, dass hier Blitze im Spiel sind… wenn sie es nicht durch den Artikel wüssten.
Ich persönlich bin vollkommen gegen Blitz…. Aus 2 Gründen: Es versaut die Stimmung, es stört allen und zeigt eine gewisse Unbeholfenheit des Fotografen.
Cool! Danke für diesen Einblick. Sowas habe ich schon lange mal gesucht! 🙂