Festival im Ferienlager – Frostfeuernächte 2018 – Pt. 2
Tag zwei, Sonnabend:
Jeannine ist natürlich schon bei Zeiten fit (keine Ahnung, wie sie das immer macht) und trifft sich mit ihrer Schwester, um gemeinsam frühstücken zu gehen, ich halte davon noch nichts und drehe mich nochmal um.
Das geht ganz gut, bis gegen 10:30 die Tür auffliegt und plötzlich vier Menschen in dem winzigen Zimmer gackernd neben mir stehen, während Thomas, der Schlagzeuger von Tormentor, auf meiner Bettkante sitzt und mich mit lieblichen Worten versucht, zum Aufstehen zu überreden.
Ich scheuche die Rasselbande kurzerhand raus und stehe auf. Ihr Ziel haben sie also erreicht 😉
Zuerst kommt der Gear-Check, ist alles da, hab ich was liegen gelassen? Passt soweit. Nächster Schritt: Kamera-und Blitzakkus in die Ladegeräte stecken, duschen gehen.
Als ich frisch im Schritt und mit gepflegtem Bart hinaustrete, ist es fast Mittag, ich lenke meine Schritte zur Mensa und hoffe, es gibt noch Frühstück. Verdammt, das Buffet ist bereits geräumt, die Stagehands übernehmen bereits wieder das Zepter und ich stehe recht mutlos im Türrahmen. Einer vom Orgateam winkt mir zu und meint: „Komm rüber, Kaffee kannst du dir hier noch holen!“ Darüber bin ich wirklich dankbar. Essen wird’s nachher draußen an den Ständen geben, so ohne Kaffee mochte ich aber nun wirklich nicht in den Tag starten.
Der Tag selbst zeigt sich eher bewölkt, dennoch zieht es mich hinunter an den See. Ich lehne an einer Bank und schlürfe den Kaffee, auch das ist Festivalatmosphäre.
Ich gehe ans Ufer, mache ein paar Fotos mit der kleinen „Immerdabei-Kamera”, als ich von einem Pärchen gefragt werde, ob ich mal ein Foto mit ihrem Smartphone machen könnte. Natürlich willige ich ein, und gebe gleich noch ungefragt Tipps, wie man auch zwischendurch und mit einem Handy ansprechende Fotos machen kann. Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre, die beiden sind Freunde von Veranstalter Felix und betreuen hier einen der Essstände (sogleich fällt mir wieder mein Hunger ein). Interessanterweise haben sie mit der Metal Szene an sich nix zu tun, loben jedoch die Fans, ihre Art und Höflichkeit, was dazu führte, dass beide nicht das erste Mal hier sind, um zu helfen, sie mögen das Festival und die Menschen die es ausmacht eben.
Für die Zwei heißt es jetzt langsam den Grill anzuschmeißen, ich versichere, mir nachher sogleich eine Wurscht bei ihnen zu holen und hoffe, das Foto, welches ich gemacht habe, ist auch wirklich gut geworden – wenn ich schon so angebe zu wissen, was ich tue 😉
Ich latsche zurück zum Zimmer. Vor dem Haus steht ein VW Van mit offener Heckklappe, drin sitzt nach hinten raus ein Typ mit Mütze, Fingerhandschuhen, BW Parker, Decke und einem Becher Glühwein(?), Blackmetal läuft. Ich finde ihn als Motiv interessant und frage, ob ich ein Foto machen kann. Wir kommen in ein interessantes Gespräch, müssen Weiteres jedoch auf später verlagern, da meine Mitstreiter in Anmarsch sind.
Ich schlage nun eine Seewanderung vor, bin aber insgeheim froh, das meine Empfehlung unter abschätzigen Bemerkungen, die ich hier lieber nicht wiedergeben möchte, abgelehnt wird 😉
Aber runter zum See wollen wir dennoch. Wenigstens mal gucken. Jeder schnappt sich ein Kaltgetränk seiner Wahl und wir eiern los. Mir ist es für Bier viel zu früh, die Büchse bleibt geschlossen, vielleicht nachher…
Fünfzig Meter weiter habe ich es mir anders überlegt, versuche die Büchse trinkbereit zu machen und breche die Öse ab. So etwas freut den Festivalbesucher, denn sogleich haben alle gute Ratschläge bei der Hand und jeder der möchte, darf sich daran versuchen, die Blechdose unfallfrei zu öffnen. Matthias gelingt es schließlich mittels Autoschlüssel und einer massiven Tischtennisplatte als Unterlage, das widerspenstige Gefäß zu öffnen. Das Bier schmeckt so gut es eben geht, und irgendwie geht es ja immer
Gegen 14 Uhr öffnen die Stände und ich stehe selbstredend pünktlich vor Ort um mir eine Bratwurst zu bestellen (nein Thomas, keine BRÜHPOLNISCHE!).
Langsam rückt mein nächster Fototermin näher. Für „Gesichter einer Szene“ bin ich ab jetzt mit Pinky unterwegs, nachzulesen gibt es die Einzelheiten hier
Als ich wieder an unserer Unterkunft eintreffe, hat sich zu dem Herren im VW Bus noch ein mit ihm befreundetes Pärchen gesellt. Ich habe nun einige Fußmärsche auf dem Gelände hinter mir, habe Fotos gemacht und geredet und somit gut Durst. Wir stoßen an und es entspinnt sich ein angeregter Gedankenaustausch in kleiner Runde.
Nach einem Blick auf die Zeit verabschiede ich mich. Ich will wieder zur Mensa. Rechtzeitig zum Gig von Parasite bin ich nicht vor Ort, dennoch versuche ich noch ein paar Fotos zu machen.
Als Tormentor beginnen, habe ich alles im Griff, die Blitze verrichten wieder ihren Dienst und die Jungs ziehen eine wirklich geile Show ab, die, so munkelt man später, die Besucher heute das erste Mal so richtig aus der Reserve gelockt hat.
Backstage offenbart sich mir Heikos Kopfplatzwunde, welche er sich bereits im zweiten Song an Kevs Gitarre zugezogen hat. Ich mache ein Foto für die „Durchgerockt“ Reihe und der wackere Bassist sucht den Sani auf, um sich verarzten zu lassen.
Ich organisiere mir ein Bier und mische mich unter die Leute, halte hier und da ein Pläuschchen, telefoniere meiner Frau hinterher (wo steckt sie eigentlich immer? 😉 ), treffe sie dann im Zimmer, wo wir ein paar Erlebnisse austauschen und natürlich dabei eine Suppe schlürfen, bin wieder in der Mensa vor der Bühne, finde Ctulu geil, fotografiere sogar nochmal, quatsche am Mischpult mit „Irsin Ernst“, organisiere mir ein Bier, kaufe mir das Ctulu Vinyl am Merchstand, treffe draußen den „Metalguru“ 😉 unterhalte mich länger mit ihm, organisiere mir ein Bier, treffe meinen Sohn, quatsche mit ihm während sich der Keksgrinder und später meine Frau dazugesellen, und wir uns über die Erlebnisse vom Keksgrinder amüsieren, organisiere mir ein Bier, hole mir tatsächlich noch ein paar Bratkartoffeln, stehe zwischendurch am wärmenden Feuer, organisiere mir vermutlich das letzte Bier, gehe mit meiner Frau „Heim“ und schlafe ein.
Das war es jetzt? Im Prinzip schon. Sonntag ist Rückreisetag, unsere Tormentor Jungs kommen nochmal “hinter” und verabschieden sich bei uns, während meine Schwägerin erzählt, welchen Spaß sich einige der Ferienkinder in ihrer Unterkunft gemacht haben. Zahnpasta an den Türklinken, Schränke rücken. Hm, wohl eine der Schattenseiten der Veranstaltung, denn wohl jedem dürfte klar sein, wer das wieder in Ordnung bringen muss.
Die Kofferraumklappe fällt zu und die Frostis 2018 (Scheiße, wir haben echt schon 2018!) sind Geschichte. Dies hier war meine Geschichte.
Ich hoffe, ich konnte dem geneigtem Leser einen Eindruck von meinem Erlebtem auf den Frostis geben.
Aber, ist das nicht auf jedem Festival so? Vielleicht. Vielleicht, nicht ganz.
Die Frostfeuernächte haben einen ganz eigenen Charme, der viel damit zu tun hat, dass es Winter ist, dass man feste Unterkünfte hat. Es ist ein ungewöhnlicher Start in die Festivalsaison, mit Leuten, die man kennt und jenen, die man kennenlernt, um sie dann bestimmt, oder vielleicht öfters, im Jahr zu sehen.
Ein guter Start, oder?
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